Ein Riese, der Hauptkonkurrent Arnold Schwarzenegger Mitte der siebziger Jahre zur Höchstform trieb. Große Rollen im legendären Dokumentarfilm „Pumping Iron“, der Fernsehserie „Der unglaubliche Hulk“ oder der Sitcom „King of Queens“ verhalfen dem sympathischen Familienmenschen zu internationaler Beliebtheit und dem Status einer Bodybuilding-Ikone. Wir werfen einen Blick zurück auf die Karriere von Lou Ferrigno.
Arnolds legendärer Widersacher: Lou Ferrigno
Louis Jude Ferrigno wurde 1951 im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren und durchlebte keine leichte Kindheit. Der Sohn italienischer Einwanderer verlor mit drei Jahren im Rahmen einer Mittelohrentzündung einen Großteil seines Hörvermögens, was sich auch auf seine Aussprache niederschlug. Der sportliche Junge wurde deswegen häufig von anderen Kindern gehänselt, zog sich zurück und hatte bis ins junge Erwachsenenalter nur wenige Freunde.
Als Teenager entdeckte der US-Amerikaner seine Passion für das Krafttraining. Angetrieben von seinem großen Idol Steve Reeves, einem Schauspieler und Bodybuilder, stürzte sich der talentierte Nachwuchssportler mit gut 12 Jahren in die Welt der Hanteln, Geräte und des Posings. Im jungen Alter von 20 Jahren gewann Lou schließlich seine ersten wichtigen Wettkämpfe.
1973 gelang es dem Einwanderer-Sohn in die Elite des US-amerikanischen Bodybuildings vorzustoßen: Lou triumphierte beim Mr. Universum sowie beim Mr. America-Wettbewerb des IFBB und qualifizierte sich für die große Mr. Olympia-Show im Folgejahr. Obwohl er sich gegenüber Arnold Schwarzenegger deutlich geschlagen geben musste, hatten ihn viele Experten 1975 als ernstzunehmenden Widersacher des Seriensiegers aus Österreich auf dem Zettel.
Pumping Iron verhilft Lou zum Durchbruch
Denn Arnold Schwarzenegger verlor nach seinem Sieg beim Mr. Olympia-Wettkampf von 1974 kiloweise Muskelmasse, um eine Rolle im Hollywood-Blockbuster „Mr. Universum“ zu ergattern. Nachdem sich der Österreicher im Anschluss von den Produzenten des Dokumentarfilms „Pumping Iron“ dazu hatte überreden lassen, 1975 erneut beim wichtigsten Bodybuilding-Wettbewerb der Welt anzutreten, befand sich Lou bereits zu Beginn der Vorbereitung in einer tollen Verfassung. Arnold hatte hingegen einiges aufzuholen.
Dieser Umstand wurde von den Produzenten des Klassikers dankbar aufgegriffen. Arnold stellte später im überaus erfolgreichen Film den nimmersatten Seriensieger dar, während Lou als verbissener, ehrgeiziger Herausforderer inszeniert werden sollte. Da sich der eher schüchterne junge Athlet allerdings vor der Kamera kaum äußern wollte, ließ man seinen Vater – welcher zugleich den Trainer darstellte – immer wieder zu Wort kommen.
Während Arnold im sonnendurchfluteten Kalifornien trainierte und auf der großen Leinwand abwechselnd im legendären Gold‘s Gym oder irgendwo am Strand gezeigt werden konnte, besuchte man Lou im Rahmen der Dreharbeiten in seiner New Yorker Heimat an der Ostküste. Beengtes Keller-Gym statt weitläufigem kalifornischen Luxus-Studio, Schnee statt Sonne und verrußte Dachziegel anstelle von im Wind wehenden Palmen – der schwerhörige Profi wurde mit dem Profil des ehrlichen Arbeiters versehen.
Die Kinozuschauer wurden schlussendlich von einem geheimnisvoll zurückhaltenden Spitzenbodybuilder mit vorbildlicher Arbeitseinstellung und einer gehörigen Portion Demut in den Bann gezogen. Dass es sich bei Lou um einen herzensguten Menschen handelt, konnte man bereits aus der Ferne erahnen. Die Tatsache, dass sich der Einwanderer-Sohn im Nachgang des überraschend erfolgreichen Films in der Öffentlichkeit tatsächlich als nahbar, demütig und ausgesprochen freundlich präsentierte, ließen ihm die Herzen der immer größer werdenden Bodybuilding-Szene zufliegen.
Auch wenn es sportlich 1975 nur zum dritten Platz bei Mr. Olympia reichte, verhalf ihm sein Auftritt in Pumping Iron zweifelsohne zum ganz großen Durchbruch. Neben seiner großen Beliebtheit katapultierten ihn die für damalige Zeiten nahezu unglaublichen Körpermaße ins Filmgeschäft: Der 1,96-Meter große Bodybuilder wurde für die Rolle des unglaublichen Hulk ausgewählt und stand von 1978 – 1982 in 82 Episoden vor der Kamera.
Das große Comeback nach 17 Jahren Pause
Fortan widmete sich der zurückgetretene Bodybuilder seinem Familienleben. Er heiratete zu Beginn der achtziger Jahre und bekam drei Kinder. Beruflich war er noch immer als Schauspieler tätig. Auf die ganz großen Leinwände schaffte es der Hüne jedoch nur sehr selten. So ergab es sich, dass der IFBB 1992 urplötzlich ankündigte, eine Ikone aus dem Ruhestand zurück auf die Olympia-Bühne geholt zu haben: Lou wollte es nochmal wissen.
Dorian Yates oder Kevin Levrone statt Arnold Schwarzenegger oder Franco Columbu – zwischen Rücktritt und Comeback lagen knapp 17 Jahre! Auch wenn es dem 42-jährigen und damit ältesten Wettbewerber nicht gelang in die Top 10 vorzustoßen, präsentierte er sich konkurrenzfähig und ließ starke Athleten wie Ronnie Coleman und Samir Bannout hinter sich. Eine Eintagsfliege stellte Lous Auftritt beim wichtigsten Bodybuilding-Wettbewerb der Welt entgegen zahlreichen Erwartungen nicht dar: Im Folgejahr trat der Altmeister ein weiteres Mal an – diesmal gelang ihm der Einzug in die Top 10.
Einem breiteren Publikum wurde die Legende zur Jahrtausendwende hin ein Begriff. Der ehemalige Bodybuilder spielte sich von 2000 bis 2007 in der beliebten Fernsehserie King of Queens selbst – mal wieder flogen dem Riesen die Herzen der Zuschauer nur so zu. In den vergangenen Jahren konnte man Lou stets auf zahlreichen Messen und anderen Bodybuilding-Veranstaltungen treffen. Auch wenn der unglaubliche Hulk niemals den ersehnten Mr. Olympia-Titel einfahren konnte, handelt es sich bei Lou Ferrigno nach wie vor um eine der größten Ikonen unseres Sports.
Bilder:Lou Ferrigno,NEVEUX STUDIOS – Autor: Nico Schmidt